Herbstanlass der IG Agrarstandort Schweiz: Bilaterale für Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft überlebenswichtig

Luc Schnurrenberger
Luc Schnurrenberger
26 October 2022 Tempo: 2 minuti
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IGAS
Auf Einladung der IG Agrarstandort Schweiz (IGAS) hat die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft gestern Abend in Bern zum Dialog über die Zukunft der Schweizer Europapolitik zusammengefunden. Die Forderung an die Politik ist klar: Die für die Branche sehr vorteilhaften bilateralen Verträge müssen langfristig gesichert werden. Dazu gehört eine offene Haltung zur Klärung der institutionellen Fragen.

Die Sicht der EU auf die derzeitigen Beziehungen mit der Schweiz erfuhren die rund 60 Gäste gleich zu Beginn des Abends: Die bilateralen Verträge seien aus der Zeit gefallen, diagnostizierte der EU-Botschafter in der Schweiz, Petros Mavromichalis. Einerseits seien diese teilweise noch vor der Erfindung des Internets verhandelt worden und würden daher vielen aktuellen Entwicklungen nicht mehr gerecht. Andererseits fehle insbesondere ein Mechanismus zur Streitbeilegung. Dass diese Probleme angegangen werden, sei aus Sicht von Mavromichalis sowohl im Interesse der EU wie auch der Schweiz. Allerdings fehle derzeit eine gemeinsame Vision – wobei der Ball aufgrund des Verhandlungsabbruchs zum institutionellen Rahmenabkommen im Mai 2021 nun klar bei der Schweiz liege.

«Hektische Stagnation» – so beschrieb Jacques Chavaz, Präsident der IGAS, in seinem darauffolgenden Votum die derzeitige Situation zwischen der Schweiz und der EU. Mögliche Wege aus der Krise skizzierte Chavaz anhand eines Positionspapiers, welches die IGAS unlängst publiziert hat. Darin wird unterstrichen, dass die bilateralen Verträge – insbesondere das Agrarabkommen und das Abkommen über Verarbeitungsprodukte – für den Ernährungssektor schlicht überlebenswichtig sind. Die Konsolidierung derselben müsse daher das oberste Ziel der Politik sein. Dazu sei ein lösungsorientiertes Wideraufrollen der institutionellen Fragen unausweichlich. Denn: Ein Abstieg auf der sogenannten Barnier-Treppe, also eine Verschlechterung des Status quo, dürfe es nicht geben. Chavaz nahm aber auch alle Akteure der Land- und Ernährungswirtschaft in die Verantwortung: Da die bilateralen Verträge für die Branche eine massgeschneiderte Lösung darstellen, müssten diese die Scheuklappen ablegen und die Risiken einer Erosion offen ansprechen.

Im anschliessenden Gespräch diskutierten Botschafter Mavromichalis, GLP-Nationalrätin Tiana Angelina Moser und Luzi Bernet, Italienkorrespondent der NZZ und Autor des Buches «Das Schweiz-Dilemma: 30 Jahre Europapolitik» Lösungsansätze für die Zukunft. So brauche es künftig wieder eine nüchternere und weniger negativ behaftete Sicht auf Europa. Ein konstruktives Verhältnis mit einer Staatengemeinschaft aufzubauen, die man bei jeder Gelegenheit schlechtredet, sei unmöglich. Erschwerend komme hinzu, dass seit dem letztjährigen Verhandlungsabbruch auch das Wohlwollen der Nachbarländer gegenüber der Schweizer Haltung in Bezug auf die EU abgenommen habe.

 

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