«Wir sollten alle am gleichen Strick ziehen»

Oliver - Team s+v
Oliver - Team s+v
7 July 2017 Tempo: 3 minuti
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the Whiskey Sisters
Mit «Independence», einer schrillen Bootsmetapher auf die Schweiz und ihr eigenartiges Verhältnis zu Europa, haben Jane Mumford und Lea Whitcher für stark+vernetzt ihr allererstes Musikvideo realisiert. Als 9VoltNelly stehen sie seit Jahren gemeinsam auf Schweizer Bühnen – mit Vorliebe in ihrer Paraderolle als «the Whiskey Sisters».

Wer sind die Whiskey Sisters Jordan und Merle: Wo kommen sie her, wo wollen sie hin?

Lea: Sie wohnten beide auf dem weiten Land, irgendwo in Texas, wo sie von ihren schweinischen Ehemännern an den Herd gefesselt waren. Darum haben sie diese beseitigt und sind nach Europa geflohen.
Jane: Nun glauben sie ständig, die CIA sei ihnen auf den Fersen.
Lea: Und sie stecken mitten in ihrem Integrationsprozess. Aber weil sie sehr eierstockgesteuert unterwegs sind, kommen sie mit den schüchternen europäischen Hipster-Männern nicht wirklich klar. Sie haben kein Geld, lieben den Alkohol und wollen eines Tages grosse Singer-Songwriterinnen werden.

Was hat Euch dazu inspiriert, diese beiden schrillen, saufenden Flintenweiber ins Leben zu rufen?

Jane: Ich bin vor vielen Jahren mit einem Kollegen zum «bösen Montag», der offenen Comedy-Bühne im Zürcher Hechtplatztheater mitgegangen – und dachte, das können wir auch. Bald darauf habe ich spontan während dem Haareföhnen einen ersten Song für uns geschrieben.
Lea: Zufällig hatte ich auf dem Dachboden die passenden Prinzessinnenkostüme, und einen zweiten Song der zum ersten passte, und wir sind mit einer halben Flasche Jack Daniel‘s intus auf der offenen Bühne aufgetreten. So sind die Whiskey Sisters entstanden und haben uns seither immer begleitet.

Wieviel von den beiden steckt tatsächlich in Euch?

Jane: Ich wäre gerne so wie Jordan – unbekümmert wie ein Tier, immer nur ans Nächstliegende denken und sich um rein gar nichts scheren.
Lea: Die beiden haben nichts zu verlieren und können sich deshalb alles erlauben. Merle beispielsweise ist eine Romantikerin, träumt von einem Prinzen, der grossen Liebe. Wir hingegen müssen uns um Businesspläne und unsere nächsten Auftritte kümmern.

Euer Kurzfilm dreht sich um Unabhängigkeit und Freiheit. Was bedeuten diese Begriffe für Euch persönlich?

Lea: Bereits eines unserer ersten Lieder drehte sich um verschiedene Figuren, die sich absolute Freiheit wünschten. Und die dann traurig waren, als sie diese erreicht hatten, weil nichts mehr da war, um sich daran festzuhalten.
Jane: Irgendwo braucht man eben doch ein Netz und Menschen, die an einen glauben und einen nötigenfalls auffangen. Man muss sich akzeptiert fühlen, um so sein zu können, wie man sein will.
Lea: Das gilt gerade auch im Hinblick auf viele Gender-Fragen, mit denen wir uns häufig beschäftigen.

Und was bedeutet für Euch Unabhängigkeit bezogen auf das Verhältnis Schweiz- Europa?

Lea: Ich war gerade in Deutschland und musste feststellen, dass die für vieles einen viel grösseren bürokratischen Aufwand betreiben als wir in der Schweiz. Deshalb kann ich schon nachvollziehen, dass die Schweiz ihr System beibehalten will, das auf Vertrauen in die einzelnen Bürgerinnen und Bürger setzt. Aber wir sind nun mal mittendrin in Europa und der Welt. Alles ist vernetzt. Und deshalb sollten wir alle am gleichen Strick ziehen, um auch das Leben für alle zu verbessern.
Jane: Das 21. Jahrhundert ist nicht die Zeit, in der jeder nur auf sich schauen sollte. Identität zu schaffen über Nationalismus und Abschottung ist garantiert das falsche Rezept.

Gab es beim Filmdreh auf dem Zürichsee unvorhergesehen Herausforderungen, die Ihr bewältigen musstet?

Jane: Die Zürcher Schifffahrts-Gesellschaft (ZSZ) war wirklich sehr hilfsbereit. Aber wir mussten den ganzen Drehplan neu ausrichten, weil unser Gummiboot an Deck des fahrenden Kursschiffs nicht aufgeblasen sein durfte. Alle entsprechenden Szenen mussten wir in der Werft drehen. Vielleicht droht Inception-Gefahr, wenn ein Boot auf einem Boot ist?

Was ist Euer nächstes Projekt?

Lea: Ende Juli bestreiten wir noch einen Auftritt am Openair «Mutterschiff» in Menzikon und planen dann unsere nächste Saison. Dazwischen muss aber auch Zeit für allerlei Blödsinn bleiben. (lacht)

Links:
Kurzfilm «Independence»: https://youtu.be/iIIQ64pXJQo
9VoltNelly: http://9voltnelly.ch

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